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Update zum Lobbyregister des Deutschen Bundestags - Mai 2022

 

Was lange währt, wird gut?

Das Lobbyregister auf Bundesebene ist seit Jahresanfang 2022 eingeführt

 

 

Derzeit steht es 35:1. Es sind 35 Lobbyierende auf ein Mitglied des Deutschen Bundestages. Das ist im April 2022 die erste Bilanz, die nach der Einführung des Lobbyregisters zum 1. Januar 2022 gezogen werden kann. Nach 13 Jahren zäher Diskussion wurde das Lobbyregister im März 2021 im Deutschen Bundestag verabschiedet. Seit Januar 2022 müssen sich viele Interessensvertreterinnen und Interessensvertreter registrieren, damit sie ihren Tätigkeiten im Rahmen der gesetzlichen Regeln weiterhin nachgehen können.

 

 

Am 01. Januar 2022 war es so weit: Das Lobbyregister ging online. Nachdem Die Linke bereits im Jahr 2008 einen Antrag für ein verbindliches Lobbyregister im Deutschen Bundestag gestellt hatte, wurde es am 25. März 2021 verabschiedet. Was die Regierung als großen Erfolg feierte, war für die Opposition nur ein kleiner Fortschritt. Die meiste Kritik wurde an den zahlreichen Ausnahmen geübt, die dafür sorgen, dass das Lobbyregister etwa für Gewerkschaften und Kirchen nicht gilt. Von dem jahrelang geforderten exekutiven Fußabdruck fehlt jede Spur.

 

 

Lobbyskandal als Auslöser für das Lobbyregister

 

Ideen für ein Lobbyregister gab es seit Jahren. Regelmäßig brachten vor allem Die Linke und Bündnis 90/Die Grünen im Deutschen Bundestag Anträge zur Einführung eines verpflichtenden Lobbyregisters ein. Weder im Jahr 2008 noch nach den Bundestagswahlen 2017 war die GroKo (Große Koalition Unionsfraktion und SPD) bereit, ein solches Register einzuführen.

 

Die Debatte um das Lobbyregister wurde wieder laut, als im Sommer 2020 die Lobbygeschäfte rund um den CDU-Politiker Phillip Amthor bekannt wurden. Er warb beim Wirtschaftsministerium für das US-amerikanische Start-up Augustus Intelligence, wofür ihm im Gegenzug ein Direktposten und Aktienoptionen versprochen wurden. Daraufhin standen CDU/CSU und SPD unter Druck und erarbeiteten einen Gesetzesentwurf zur Einführung eines Lobbyregisters. Die Verabschiedung zog sich in der GroKo bis in das Frühjahr 2021. Der Fehltritt im Jahr 2020 war allerdings einer von vielen Fällen, bei dem sich in den letzten Jahren Mandat und geschäftliche Tätigkeit in unpassender Weise vereinigten. Um das zu ändern, ist nun das Bundesgesetz in Kraft.

 

 

Was kann das Lobbyregister?

 

Das Lobbyregister ist frei zugänglich. Somit können sich Amtstragende aus der Politik sowie Bürgerinnen und Bürger über die eingetragenen Lobbyisten informieren. Das Lobbyregister ermöglicht es, Auskunft über die Auftraggebenden zu bekommen sowie über die Interessensvertretungsstruktur der Lobbyierenden. Darüber hinaus können Informationen über die Vertretenden, die finanziellen Mittel, die Anzahl der Mitglieder und über die Ziele der Lobbyierenden aus dem Lobbyregister entnommen werden.

 

 

Welche Informationen werden abgefragt und veröffentlicht

 

Im Lobbyregister haben sich mittlerweile 3.967 Interessenvertretungen registriert (Stand 09. Mai 2022). Es sind 26.015 Personen, die nach dem Lobbyregister berechtigt sind, Interessenvertretung auszuüben. Die Zahlen der Neueintragungen steigen täglich weiter.

 

 

Ein großer Teil der Fragen lässt sich schnell ausfüllen. Für das Verfassen eines Eintrags in das Lobbyregister werden folgende Information benötigt:

 

 

           ·  Stammdaten, Vertretungen, Beschäftigte, die die Interessensvertretung ausüben, Mitgliederzahlen und Mitgliedschaften

 

         ·  Die Beschreibung der Tätigkeitsbereiche und Benennung der Interessen- und Vorhabensbereiche

 

       ·   Die Identität der Auftraggeberinnen und Auftraggebern

 

        ·   Die Anzahl der Beschäftigten im Bereich der Interessensvertretung

 

        ·   Die jährlichen finanziellen Aufwendungen im Bereich der Interessensvertretung

 

       ·    Zuwendungen und Zuschüsse der öffentlichen Hand und Schenkungen

 

        ·  Jahresabschlüsse und Rechenschaftsberichte

 

 

Wer seinen Verband, das Unternehmen, die Agentur, Kanzlei oder die Kunden beziehungsweise Mandanten gut kennt, ist im Vorteil. Denn einige Punkte des Lobbyregisters verlangen präzise Angaben. Am besten verschafft der Eintragende sich einen ersten Überblick über die Informationen, die abgefragt werden. Vorteilhaft ist eine Tabelle, die den zu Registrierenden an die Hand gegeben werden kann, um alle relevanten Angaben gebündelt abzufragen. So können unnötige Wartezeiten vermieden werden. Die Vollständigkeit der Angaben ist zwingend notwendig für den Eintrag im Lobbyregister. Es ist wichtig, Dokumente über Zuschüsse und Schenkungen parat zu haben sowie über Jahresabschlussberichte oder Rechenschaftsberichte zu verfügen. Angaben dürfen verweigert werden, sind jedoch als verweigert im Lobbyregister gekennzeichnet. Die Zustimmung zum Verhaltenskodex ist allerdings verbindlich.

 

 

Nachdem die Angaben ausgedruckt, unterschrieben und hochgeladen wurden, ist eine Wartezeit einzuplanen. Der letzte Schritt des Prozesses ist die Erhaltung des Freigabecodes, der postalisch an den Eintragenden zugestellt wird. Wenn der Code im System eingegeben wurde, wird der Eintrag im Lobbyregister veröffentlicht. Die Informationen müssen jährlich aktualisiert werden.

 

 

Rechtliche Grundlagen

 

 

Aufgrund des negativ behafteten Wortes Lobbyismus wird die Umschreibung Interessensvertretung immer häufiger verwendet. Der Begriff Lobbyismus hat seinen Ursprung im amerikanischen Parlamentarismus. Damals war es üblich, dass Vertretende von Verbänden in der Vorhalle, der Lobby, auf die Politikerinnen und Politiker gewartet haben, um mit ihnen Gespräche zu führen.

 

 

Lobbyismus erscheint zumeist als Informationslobbying. Dabei können Lobbyierende ihre Interessen in Verbandsanhörungen in Ministerien oder in öffentlichen Anhörungen in Ausschusssitzungen des Deutschen Bundestages vertreten. In der Geschäftsordnung des Deutschen Bundestages zur Regelung von Interessensvertretung heißt es ausdrücklich, dass Interessensvertretung kein Grundrecht ist. Die Arbeit der Verbände und der Lobbyierenden ist im Grundgesetz dennoch gesichert. Das Recht, Interessen zu vertreten, wird durch das Recht der freien Meinungsäußerung (Art. 5 GG), die Vereinigungsfreiheit (Art. 8 GG), die Berufsfreiheit (Art. 12 GG) und die Tariffreiheit (Art. 9 GG) geschützt.

 

 

 

Deutschlands langer Weg zur Transparenz

 

 

Vor dem Lobbyregister gab es im Deutschen Bundestag die sogenannte Verbändeliste, die im Jahr 1972 eingeführt wurde. Verbindlich war diese Liste für niemanden und eine Eintragung ausschließlich nur für Verbände gedacht. Der Vorteil des Hausausweises schwand mit den Sicherheitsauflagen nach den Terror-Geschehnissen des 11. Septembers 2001. Interessensvertreter, die auf Transparenz Wert legten, nutzten diese Liste bewusst. Während sich die Lobbylandschaft in den letzten Jahrzehnten stetig veränderte und professionalisierte, blieben in Deutschland die Regeln die alten. Vorreiter gab es viele. Die USA hatte bereits Ende des 19. Jahrhunderts erste Maßnahmen zur Lobbyregulierung eingeführt. Seit vielen Jahren gibt es dort ein verpflichtendes Lobbyregister. Auch Kanada, Irland, Frankreich, Österreich und in Teilschritten mittlerweile die gesamte Europäische Union besitzen ein solches Register.

 

 

Ein exekutiver Fußabdruck ist immer noch offen

 

 

Ob ein Lobbyregister Politikerinnen und Politiker von mit dem Mandat sich überschneidenden Geschäften abhält, sei dahingestellt. Das ist eigentlich eine Frage des Stils. Denn auch ein Verhaltenskodex kann solche Handlungen nicht verhindern, aber dafür mit Bußgeldern von 50.000 Euro sanktionieren.  In den Transparenzregeln ist noch Luft nach oben. So beschloss die Ampel-Regierung (SPD, FDP und Bündnis 90/Die Grünen) in ihrem Koalitionsvertrag nach den Bundestagswahlen 2021, dass das Lobbyregister verschärft und ein sogenannter „exekutiver Fußabdruck“ eingeführt wird. Ein Fußabdruck ermöglicht es, zu erkennen, welche Lobbyierenden an welchen Gesetzesentwürfen mitgearbeitet haben. Dies ist zum Teil beispielsweise in ministeriellen Anhörungen beziehungsweise Befragungen zu Referentenentwürfen schon öffentlich online nachvollziehbar, jedoch nicht konsequent nachzuverfolgen.

 

Für Deutschland war es also allerhöchste Zeit, mit dem Lobbyregister des Deutschen Bundestages nachzuziehen. Für ein abgewogenes Maß an Vertraulichkeit, Reifung von Gesetzesvorhaben und Transparenz ist nach wie vor noch viel zu tun.

 

 

 

Mehr Informationen:

 

Lobbyregister Deutschland: https://www.lobbyregister.bundestag.de/startseite

 

Lobbyregister EU: https://ec.europa.eu/transparencyregister/public/homePage.do?locale=de

 

 

 

Autorinnen: Victoria Krumbeck und Ulrike Propach

 

Thought Leadership Report 2020

 

Thought Leadership Report zeigt den erfolgreichen Weg zur Meinungsführerschaft

 

Der Thought Leadership Report ist die erste qualitative deutsche Studie, die systematisch untersucht, wie Unternehmen und Verbände sowie politische Organisationen nicht nur als Hidden Champions in der ganzen Welt erfolgreich sind, sondern vielmehr als Meinungsführer Märkte gestalten und Entwicklungen treiben. Die Ergebnisse sind eindeutig: Thought Leadership ist nicht nur die Positionierung des CEO in Social Media, sondern fußt auf einem strategischen Ansatz, der alle Kommunikations-Disziplinen von der Unternehmenskommunikation bis zum Vertrieb umfasst. Auch Verbände, Parteien und politisch Aktive werden von diesem Report profitieren. Basis des Reports sind umfangreiche Recherchen und zahlreiche Interviews mit Kommunikations- und Marketingverantwortlichen.

 

 

Hier den "Thought Leadership Report 2020" von TBN mit Gastbeitrag von Ulrike Propach herunterladen: https://www.tbnpr.de/thought-leadership-report/

ANNO19 - Das Magazin der Medienjubiläen

Zeit für eine Hommage an Lord George Weidenfeld in ANNO 19.

Ulrike Propach schrieb posthum ihren Dank an den großen europäischen Denker und Akteur.
https://www.uni-bamberg.de/kowi/praxisbezug/anno-das-magazin-der-medienjubilaeen/

Publikationsverzeichnis von Ulrike Propach

  • Ulrike Propach: Sehr geehrter Herr Lord Weidenfeld. Eine Hommage. In: ANNO 19 – Das Magazin der Medienjubiläen. Otto-Friedrich-Universität Bamberg, Lehrstuhl für Kommunikationswissenschaft, Erich Weiß Verlag, Bamberg, 2019
  • Ulrike Propach, Jens Fuderholz: Verbändestudie 2014. Hirschenverlag, Fürth, 2014
  • Ulrike Propach: Rede zur Energieversorgung, in: Erfolgreiche Musterreden und Mustergrußworte für Bürgermeister und Kommunalpolitiker, 66. Aktualisierung, Februar 2014. Kissing: WEKA MEDIA,2014. [Loseblattwerk Kapitel 4/9.2] 
  • Ulrike Propach: Rede zur Energieversorgung, in: Praktische Redenbausteine für Bürgermeister. Kissing: WEKA MEDIA, 2014 [Online-Werk]
  • Ulrike Propach und Jens Fuderholz: Projektmarketing: Informieren und Kommunizieren. In: Möller Thor, Kaestner Rolf, Koolmann Steffen, Deutsche Gesellschaft für Projektmanagement e.V. (Herausgeber): „Projektmanagement im Not for Profit-Sektor“, Nürnberg, 2012
  • Ulrike Propach, Jens Fuderholz: Transparenz als Monstranz. In: Zeitschrift für Politikberatung 1/2012, Nomos, Baden-Baden
  • Ulrike Propach, Jens Fuderholz: Verbändestudie 2012. Hirschenverlag, Fürth, 2012
  • Ulrike Propach: 17.000 Unterschriften, Demos und Beten für den Erhalt des Marktoberdorfer Krankenhauses – Eine Kreisstadt im Grassroot-Campaigning-Fieber. In: Dr. Lars Schatilow: Lobbying für die Provinz. Polisphere Verlag, Berlin, 2012
  • Ulrike Propach, Jens Fuderholz: Schein oder nicht Schein, das ist hier die Frage. Befunde der Verbändestudie 2009 zur Debatte über Transparenz und Lobbying. Zeitschrift für Politikberatung 1/2010, Springer Verlag
  • Ulrike Propach, Jens Fuderholz, Manfred Stockmann: „Verbandskommunikation in Veränderungsprozessen: Call Center Forum Deutschland“. In: Olaf Hoffjann, Roland Stahl (Hrsg.): Handbuch Verbandskommunikation. VS Verlag für Sozialwissenschaften │ Springer Fachmedien Wiesbaden GmbH, Wiesbaden, 2010
  • Ulrike Propach, Jens Fuderholz: Verbändestudie 2009 – Vorsprung durch integrierte Kommunikation. Kommunikationsmanager 4/2009
  • Ulrike Propach, Jens Fuderholz: Verbändestudie 2009, Hirschenverlag, Fürth, 2009
  • Ulrike Propach, Jens Fuderholz: „Jeder ist Experte!“ In: KÖHLER Robert (Hrsg.): Marketing 2009. KünzlerBachmann Medien AG, St. Gallen, 2008
  • Ulrike Propach, Jens Fuderholz: Die neue Pluralität der Meinungen - Über die Zukunft der politischen Kommunikation in Berlin und Brüssel. Zeitschrift für Politikberatung, 3-4/2008, Springer Verlag
  • Ulrike Propach, Jens Fuderholz: Dialog statt Marketing. Der Weg aus der Imagekrise. Hirschenverlag, Fürth, 2008 
  • Matthias Koch, Antje Radcke, Ulrike Propach: Demokratie, Lobbyismus und Vertraulichkeit. Plädoyer für einen differenzierten Transparenzbegriff. Kommunikationsmanager 1/2008 
  • Prof. Dr. Dr. h.c. Stefan Hradil, Dr. Jan-Hinrik Schmidt, Ulrike Propach: Braucht unsere Gesellschaft die Soziologie? Vortrag anlässlich des fünfjährigen Jubiläums des Absolventenvereins Bamberger Soziologie e.V., Bamberg, 2006